Die Hofstattstraße erhielt 1843 ihren Namen als Mittelpunkt des Gerberviertels und dem ältesten Teil der Reutlinger Altstadt. Die Hofstatt war ursprünglich ein Herrensitz, der nach Gründung der Stadt von unterschiedlichen Patrizierfamilien genutzt wurde. Ihre Besiedlung ist bis ins 13. Jahrhundert nachzuweisen. 1810 erwarb Johann Jakob Schill, Obermeister der Gerberzunft und Senator in Reutlingen, das Grundstück. Laut alter Adressbücher und anderer Quellen waren auf dem Grundstück im Laufe der Zeit nacheinander eine Lederfabrik, eine Farbenwerkstatt, eine Triebriemenfabrik und Rohproduktenhandel ansässig. Nach 1933 finden sich ein Papiergroßhandel, eine Steppdecken- und Daunenfabrik, eine Strickwarenfabrik und ab 1974 das Möbelgeschäft Bechtle. Gegen Ende der 1980er Jahre werden Teile des Anwesens gastronomisch genutzt und erweitert. Die wechselvolle industrielle Geschichte des Gebäudes endet 1999 mit dem Verkauf des Gebäudes an die Stadt Reutlingen. Die bauhistorischen Untersuchungen im Jahr 2002 haben gezeigt, dass im Hauptgebäude Bausubstanz aus dem Jahr 1431 erhalten geblieben ist. In beinahe 600 Jahren Nutzungsgeschichte wurde das Gebäude mehrfach erweitert. Zweigeschossig geplant, wurde 1838 ein drittes Geschoß ergänzt und später um drei Meter verlängert. Auch in den Hofgebäuden hat sich trotz zahlreicher Umbauten Bausubstanz von 1507 – besonders im Dach und in Teilen der steinernen Außenwänden gegen das Nachbargrundstück – erhalten. Vom großen Reutlinger Stadtbrand 1726 ist die Hofstatt offensichtlich weitgehend verschont geblieben.
